Weg in den Weltraum – Blog von Dr. Joachim Gross

1. März 2019

Zweiter Flug.

Diesmal ist die Ausgangslage sehr viel entspannter: Es kann uns nur noch der Bonus entgehen, wenn noch zwei Flüge ausfallen sollten. Und tatsächlich bin ich deutlich weniger aufgeregt. Zum Ausgleich muss man jetzt die Müdigkeit einkalkulieren. Nach drei Stunden Schlaf hat man nicht gerade ein großes Polster.

Das Mission Briefing ist recht unspektakulär – relativ harmloses Wetter, Flugzeug und Teleskop in gutem Zustand, die Wissenschaft ist teilweise Fortsetzung von gestern. Eine Messung scheint mir spannend weil relativ einfach zu verstehen. Man will eine Galaxie beobachten, die wir genau von der Kante her sehen – sie sieht also aus wie ein schmales Band von Sternen mit einer dunklen Linie in der Mitte, wo die Sterne von einer Staubscheibe verdeckt werden. Spiralgalaxien sind erstaunlich flach: bei einem Durchmesser von über 100 000 Lichtjahren sind die Spiralarme gerade mal an die 1000 Lichtjahre dick, die Staubscheibe sogar nur einige hundert Lichtjahre. Die Fragestellung ist, wie dick die dazu gehörige Gasscheibe ist. Die sieht man nur im Infraroten, also die ideale Aufgabe für SOFIA. Wieder erhofft man sich Erkenntnisse darüber, wie Sternentstehung in der Scheibe das Gas nach außen treibt.

Ein weiterer Pluspunkt: Prof. Krabbe ist mit an Bord, der das DSI leitet und sowohl am Teleskop als auch an FIFI-LS mitentwickelt hat. Er hält uns zwei Vorlesungen über seine Forschung, sogar mit aktuellen (allerdings vorläufigen) Ergebnissen des gestrigen Fluges. Das gibt mir auch ein bisschen Perspektive für die Auswertung der Daten mit Schülern – es wird um die Verteilung von bestimmten Atomen oder Geschwindigkeit von Gasen in Galaxien gehen. Ziel wird nicht sein, den Wissenschaftlern die Arbeit abzunehmen – das wäre eine Überforderung. Vielmehr wollen wir versuchen, den Daten ein bisschen Anschaulichkeit zu entlocken, Verständnis dafür zu entwickeln, was dort vorgeht. Die genaue, quantitative Auswertung überlassen wir den Profis.

Viele technische Fragen zum Teleskop und den Arbeitsabläufen an Bord haben wir gestern schon geklärt. Zwischendurch habe ich mir tatsächlich etwas Sorgen gemacht, womit wir beim zweiten Flug die 8 Stunden füllen sollen. Außer der Stratosphärenvorlesung gibt es noch andere unerwartete Zugaben, wie sich herausstellt. Vom Cockpit kommt die Meldung, dass man auf der linken Seite des Flugzeugs Polarlichter sehen kann. Da bin ich gerade damit beschäftigt, die kleinen Ausgleichbewegungen des Teleskops von unserer Konsole aus mit dem Teleobjektiv zu filmen, aber meinen Lehrerkollegen gelingen ein paar sehr schöne Fotos

Apropos Konsole – mir ist aufgefallen, dass ich noch gar kein Bild mit einer Übersicht über den Innenraum des SOFIA – Flugzeugs gepostet habe. Das hole ich hiermit nach. Das Foto ist etwa gegenüber der Eingangstür entstanden und wir blicken nach hinten ins Flugzeug. Im Vordergrund die EPO-Konsole mit meinen drei Lehrerkollegen. Dahinter auf den rechten beiden Sitzen mit den gelben Warnwesten über den Lehnen die Mission Directors. An der im Bild linken Flugzeugwand befindet sich der Konferenztisch der Wissenschaftler, darüber die helle Fläche des großen Wissenschaftler-Monitors. Weiter hinten an der linken Wand sitzen die Teleskop-Operateure, erkennbar an den drei oben auf der Konsole stehenden Monitoren. Rechts davon sieht man die drei hellen Monitore der Instrument-Operateure, halb verdeckt von den vier eher dunklen Bildschirmen der Mission Directors. Ganz im Hintergrund dann das Teleskop. Man erkennt die weißen Tüten über den Helium Ablasöffnungen, die das Vereisen verhindern. Sie sitzen oben auf dem leicht nach links geneigten FIFI-LS-Instrument. Es ist fest mit der blauen Struktur verbunden, dem beweglichen Teil des Teleskops. Dieser ist eingesetzt in die helle, kreisförmige Druckwand, hinter der sich (natürlich hier nicht sichtbar) die eigentliche Teleskopkammer mit dem offenen Tor nach draußen befindet. Das blaue Rechteck rechts neben den Tüten, das nach rechts oben zeigt, ist das Counterweight Rack. Es zeigt die Blickrichtung des Teleskops an, hier also steil nach rechts oben, und enthält den Teil der Elektronik, der sich nah am Instrument befinden muss. Wie der Name andeutet bildet es einen Teil des Gegengewichts für den Hauptspiegel, den man sich hinter dem Druckschott tief links unten vorstellen muss.

Insgesamt fühlt sich dieser zweite Flug schon sehr nach Routine an. Alles scheint wie am Schnürchen zu laufen. Ich bin fast froh, dass wir in der ersten Woche die Kehrseite der Medaille kennengelernt haben. Prof. Krabbe würde das vielleicht etwa so ausdrücken: „SOFIA beruht auf einer ganzen Kette von Voraussetzungen. Wenn das Flugzeug nicht funktioniert, heben wir gar nicht erst ab. Selbst wenn es fliegt nützt das gar nichts, wenn das Teleskop nicht seine Arbeit macht und den Objekten präzise folgt. Das wiederum ist wertlos, wenn das Instrument die Daten nicht ordentlich erfasst und speichert. Die Wissenschaft ist das letzte Glied einer langen Kette und auf das reibungslose Funktionieren aller vorigen Glieder angewiesen.“ Das können wir bestätigen. Ohne die Ausfälle der ersten Woche wäre unsere Erfahrung genauso unvollständig wie ohne den reibungslosen Standardbetrieb von gestern und heute.

SOFIA ist experimentelle Wissenschaft und Experimente gehen manchmal schief. Den Wissenschaftlern verlangt das einiges an Frustrationstoleranz ab – aber wenn es funktioniert winken neue Entdeckungen und vielleicht ein kleiner neuer Baustein unseres Weltbildes. Ich finde, gerade astronomische Forschung kann dazu eine Menge beitragen: Das uns umgebende Universum ist viel mehr als die tägliche Erfahrungswelt auf diesem kleinen blauen Planeten. Selbst der Blick zu einem klaren Sternenhimmel, so faszinierend er wirken mag, verrät uns kaum mehr als einen oberflächlichen Eindruck dessen, was dort draußen alles vorgeht. Für mich ist ein Bild des Hubble Weltraumteleskops dafür das greifbarste Beispiel, das sogenannte Hubble Ultra Deep Field. Die ganze Aufnahme könnte man mit einem am ausgestreckten Arm gehaltenen Stecknadelkopf komplett zudecken – aber darauf wurden etwa 10 000 Galaxien gefunden, jede einzelne davon mit zig Milliarden Sternen. Es versinnbildlicht mir die gewaltige Größe des Universums. SOFIA fügt dem noch die Komponente des Unsichtbaren hinzu: Nur ernst zu nehmen, was ich mit eigenen Augen sehen kann, ist eine kurzsichtige Vereinfachung der Wirklichkeit. Vielleicht auch im übertragenen Sinne.

28. Februar 2019

Es ist seltsam: Man könnte ja meinen, inzwischen sind wir völlig abgebrüht und nehmen die Entwicklung unserer Flugerfahrung mit wachsender Gelassenheit zur Kenntnis. Bei mir jedenfalls trifft das Gegenteil zu: vor jedem neuen Versuch werde ich aufgeregter. Gestern Abend habe ich versucht, möglichst lange wach zu bleiben in der Hoffnung, heute lange schlafen zu können – dann wird der Flugtag vielleicht nicht ganz so lang. Das war ein Fehlversuch. Um 6 Uhr am Dienstag früh bin ich hellwach. Also aufstehen, frühstücken und dann die Zeit bis zum Aufbruch mit Vorbereitung auf den Flug überbrücken: Den Flugplan lesen, unbekannte Begriffe googeln (Was in aller Welt sind „green Peas“? Was ist ein „Lyman-Kontinuum“?) – man will ja zumindest ein paar nicht ganz so dumme Fragen stellen können.

Um 13:50 trifft man sich in der Hotel-Lobby, bitte abfahrbereit im „Raumanzug“ – das ist unser scherzhafter Begriff für die coolen NASA-Jacken, die wir als Zugabe vom Deutschen SOFIA-Institut gesponsert bekommen haben. Dann geht es in unseren Stamm-Diner, wo wir ein Sandwich zum Mittagessen genießen und ein weiteres als Verpflegung für den Flug mitnehmen.

Nach der Erfahrung, dass ein SOFIA-Flug nie eine Selbstverständlichkeit ist, feiern wir jeden kleinen Schritt unseres dritten Versuchs, der uns weiter als die vorigen gebracht hat. Beim ersten Termin schafften wir es bis ins Mission Briefing, beim zweiten immerhin bis ins Flugzeug. Am Dienstag sah dann tatsächlich alles nach einem erfolgreichen Ablauf aus. Im Mission Briefing gab es keine Hinweise auf mehr als leichte bis moderate Turbulenz über der Küste, der wir nach Norden bis in den kanadischen Luftraum folgen würden. Auch der Fehler in der Klimatisierung war gefunden und behoben. Während der fünf Wochen, in denen alle Regierungsmitarbeiter in den USA nicht bezahlt wurden und auch nicht arbeiten durften, stand SOFIA am Boden; als Spätfolge hatte sich irgendwelcher Schmutz im Lüftungskanal angesammelt, der die Luftzirkulation im Kühlkanal behindert hatte. Man munkelt, es könnte Biologie im Spiel gewesen sein.

Der Flugplan sah einen etwa dreistündigen Flug nach Norden vor, der zur Justierung der Instrumente gebraucht wurde. Danach standen drei astronomische Ziele auf dem Programm, die so am Himmel verteilt sind, dass sie sich auf einem Rundflug über den Pazifik beobachten lassen, der uns halb bis Hawaii führt und wieder in Palmdale endet.

Die Beobachtungsobjekte sind alle ferne Galaxien, in denen die Infrarotstrahlung aus Sternentstehungsgebieten gemessen werden sollte. Die Fragestellung ist für die Astronomie recht typisch, denn die Schwierigkeit aller astronomischen Beobachtungen ist, dass die Entwicklung fast aller Objekte gemessen am kurzen Leben von uns Menschen praktisch ewig lange dauert. Unsere Sonne ist beispielsweise fast 5 Milliarden Jahre alt und wird auch noch einmal so lange leuchten. Galaxien, also Ansammlungen von hunderten Millionen bis hunderten Milliarden Sternen, entwickeln sich in noch längeren Zeiträumen. Niemand will so lange auf Veränderungen warten. Deshalb beobachtet man viele Objekte unterschiedlichen Alters und versucht, aus den Ergebnissen eine zeitliche Entwicklung abzuleiten. Das ist wie eine Momentaufnahme einer großen Menschenmenge, aus der man etwas über Kindheit, Jugend, Erwachsensein und Alter der Menschen lernen will.

Eine der zu beobachtenden Galaxien erwischt man gerade auf frischer Tat nach einem Verkehrsunfall: Sie ist mit einer Nachbargalaxie zusammen gestoßen, hat diese fast unbeschadet durchdrungen und begeht nun gerade Fahrerflucht. Der Nachbar aber hat den Stoß sehr wohl gespürt: er hat eine Verdichtung des Gases zwischen den Sternen ausgelöst, der wiederum zur Entstehung sehr vieler junger Sterne geführt hat. Durch ihre enorme Helligkeit verdichten diese eine weitere Schicht aus Gas und Staub, was wieder neue Sterne entstehen lässt. So läuft nun eine Welle aus Sterngeburten vom Ort der Kollision aus durch die geschädigte Nachbargalaxie, die ringförmig aufleuchtet. Aus der Infrarotstrahlung dieses Rings hofft man, mehr über das komplexe Wechselspiel zwischen Verdichtung von Gaswolken, Entstehung neuer Sterne und deren Strahlungsdruck zu lernen – letztlich Prozesse, die auch zur Entstehung der Sonne und ihrer Planeten geführt haben. Und damit geht es hier auch um unsere eigene Herkunft.

Eine Stunde vor Abflug werden die Türen geschlossen und die Maschine wird ein Stück aufs Vorfeld geschleppt. Währenddessen bekommen wir noch eine kurze Sicherheitsbelehrung vom Safety Technician, während der alle 17 anwesenden Mitflieger leger im Kreis stehen (aber bitte festhalten, solange sich das Flugzeug bewegt). Nur die beiden Piloten und der Bordingenieur sind natürlich oben im Cockpit. So langsam verdichtet sich die Gewissheit, dass wir diesmal wirklich fliegen. Jetzt müsste schonviel passieren, um noch einen Abbruch zu verursachen.

Bevor es nun endgültig an den Start geht werden alle Systeme des Teleskops in den Betriebszustand versetzt und durchgecheckt. Der Start sollte möglichst auf die Minute pünktlich erfolgen, deshalb ist hier etwas Puffer einkalkuliert. Die Piloten waren so freundlich, von den fünf Sitzen im Cockpit zwei für uns Lehrer zur Verfügung zu stellen – deshalb können von uns vieren zwei den Start und zwei die Landung vom Cockpit aus verfolgen. Die anderen beiden nehmen jeweils an der EPO-Konsole platz (EPO: Education and Public Outreach, also Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit).

Im Flugzeug ist es während des Fluges noch deutlich lauter als bei Linienflügen. Man muss als Gast sogar eine Erklärung unterschreiben, dass man von der Notwendigkeit Kenntnis genommen hat, Gehörschutz zu tragen. Die beste Möglichkeit dazu sind die im Flugzeug vorhanden Kopfhörer, die auch die Kommunikation an Bord erleichtern. Die wird über ein ausgeklügeltes Konferenzsystem abgewickelt, in dem zehn Konferenzleitungen zur Verfügung stehen (MADS: Mission Audio Distribution System, also Audio Verteilungssystem für die Mission). Wir dürfen bei allem zuhören, nur beim dazwischen quatschen können wir uns unbeliebt machen. Für die Gespräche im Lehrerteam bekommen wir Leitung 5 zugewiesen. Die Kopfhörer sind erstens bequem, zweitens unterdrücken sie recht wirksam den Krach und drittens bekommt man alle Gespräche an Bord mit. Was aber nicht heißt, dass man auch den Inhalt dessen erfasst, was gesprochen wird. Oft sind es nur Zahlen, die hin und her geworfen werden
und den Teleskop- oder Instrumentenbedienern mitteilen, dass eine Einstellung geändert werden muss.

Sebastian Colditz (im Bild in der Mitte, dunkelhaarig) erklärt uns den Ablauf der Teleskopsteuerung. Die Bedienung von Teleskop und Instrument ist zu komplex, um von Hand erledigt zu werden. Alles wird vorher genau berechnet und geplant und in Dateien (den sogenannten Skripten) auf den Steuercomputern hinterlegt. Pro Flug gibt es hunderte davon, die in eigenen Listen zusammengefasst sind. Die Listen werden wiederum von den Operateuren geladen und gestartet und arbeiten dann alle Einstellungen der Maschinerie brav der Reihe nach ab.

Aber es geht nicht alles automatisch. Dadurch dass Seitenwind und andere nicht planbare Faktoren das Flugzeug immer wieder vom Kurs abbringen ist der nicht exakt vorhersehbar. Die Operateure müssen deshalb höllisch aufpassen, dass eine Neuausrichtung des Teleskops nicht mitten in eine Messperiode fällt und die Messung zunichte macht.

Auch die genaue Länge der einzelnen „Legs“ ist nicht genau vorher bestimmbar. Auch heute ist es so, dass am Ende einer Beobachtung noch etwas Zeit übrig ist. Operateure, Flugplaner und Wissenschaftler diskutieren eilig, welche Messungen man sinnvollerweise noch anschließen kann. Nur mit viel Erfahrung lassen sich daraus in Minuten die Skripte für die Verlängerung erstellen, laden und starten, um keine Minute wertvoller Beobachtungszeit zu vergeuden.

Einer der Wissenschaftler, die am Flug teilnehmen, ist gleichzeitig der Entwickler der Auswertungssoftware für die FIFI-LS-Daten. Während seine Messungen laufen gibt er mir eine kleine Einführung, damit ich versuchen kann, ob man mit Schülern echte wissenschaftliche Daten auswerten kann. Das erscheint mir nicht unrealistisch – aber vorher muss noch ein Konzept entwickelt werden, wie man den Schülern auf verständliche Weise nahebringt, was in den Daten steckt und was das Ziel der Auswertung sein soll. Und es fehlt noch ein geeignetes Objekt, dessen Daten schon öffentlich zugänglich sind. Ich hoffe, das beim morgigen Flug mit Prof. Krabbe besprechen zu können, einem der Mitentwickler des FIFI-LS-Instrumentes.

Ich hatte erwartet, dass man im Flug, mitten in der Nacht, irgendwann völlig erschöpft in einen der Businessclass-Sitze vorne im Flugzeug sinkt und schlafen muss. Heute werden wir mit so viel spannender Information (und mit Kaffee, um den sich dankenswerterweise die Safety Techs kümmern) versorgt, dass sich keine Müdigkeit einstellen mag. Zwischendurch können wir an unserer Konsole die Arbeit des Teleskops verfolgen oder versuchen, durch die Fenster ein paar Bilder des Sternenhimmels zu machen, oder den Sprechverkehr aufzunehmen.

Erst nach der Landung auf dem Taxyway zurück zum Hangar fallen mir ein paar mal die Augen zu.

Kaum ist die Treppe an das Flugzeug geschoben und die Tür geöffnet, strömen die Mitflieger – wir eingeschlossen – aus dem Flugzeug, durch das Tor und zum Parkplatz, um möglichst schnell noch etwas Schlaf abzubekommen. Um 13:30 wollen wir uns schon wieder zur nächsten Runde treffen…

27. Februar 2019

SOFIA ist nicht nur ein astronomisches Instrument, sie ist auch ein Produkt höchster Ingenieurkunst. Ich habe mich ja schon als Technik-vernarrt geoutet, also muss ich irgendwann auch über die Technik berichten.

Als ich vor gefühlt einem Jahrhundert in Würzburg Physik studierte, belegte ich aus reinem Interesse auch Astronomie als Nebenfach für meine Diplomprüfung. O-Ton eines Dozenten: „Das Produkt aus Nützlichkeit und Faszination der Nebenfächer ist konstant. Wirtschaft ist total nützlich aber langweilig. Astronomie ist hochinteressant, aber man kann damit nicht reich werden.“ Man mag zur Nützlichkeit stehen, wie man will, aber seine Beobachtung erscheint mir einigermaßen zutreffend.

Das Astronomische Institut war damals im obersten Stockwerk des Mathematischen Instituts untergebracht, einer jener Bausünden der 70er oder 80er Jahre: Quaderförmig, Waschbetonfassade, Betonskelett. Zweckmäßig eben. Um vom Dach des Instituts Sterne beobachten zu können, ohne von den unvermeidlichen Schwingungen und Vibrationen des Gebäudes beeinträchtigt zu werden, hatte man die Dachterrasse extra auf eine eigene Betonsäule gestellt, die bis in die Fundamente vom Rest des Gebäudes mechanisch abgetrennt war.

Aber wie macht das bei einem Flugzeugobservatorium? Betonsäule bis in den Keller geht da schlecht. In den Spezifikationen, nach denen das Teleskop (in NASA-Sprech „TA“ für „Telescope Assembly“) in Deutschland entwickelt wurde, steht, dass es im Flug auf 0,3 Bogensekunden genau ausgerichtet bleiben muss. Das ist in etwa so, als wenn man im fahrenden Auto einen Laserpointer auf eine 10-(Euro-)Cent-Münze gerichtet halten
muss, die sich 10km (!!) entfernt befindet.

Das Geheimnis ist die SMA. Das ist auch eine NASA-Abkürzung und steht für „Secondary Mirror Assembly“. Das Licht aus dem Weltraum fällt beim SOFIA-Teleskop zuerst auf den 2,70m großen Hauptspiegel „ganz unten“ (Primary Mirror). Von dort wird es auf eben jenen Sekundärspiegel, den Secondary Mirror, geleitet. Der hat nur 35cm Durchmesser, aber er ist ein wahres technisches Wunderwerk. Weil er für Verbesserungen gerade neu entwickelt wird konnten wir ihn im Labor besichtigen. Die Bilderkollage zeigt rechts oben den Testaufbau im SOFIA Elektroniklabor, links unten die Feinpositionier-Einheit, links oben die Chopper-Motoren und rechts unten die neue Steuereinheit. Die großen Themen für die SMA sind Genauigkeit, Schnelligkeit und Sicherheit.

Genauigkeit, weil 1mm Verschiebung des Sekundärspiegels den Brennpunkt des Teleskops um einen Viertel Meter verschiebt. Wir sind es im Zeitalter der Autofokus-Kameras nicht mehr gewöhnt, uns um so etwas kümmern zu müssen; aber wer schon mal ein Teleobjektiv von Hand scharf stellen musste, der weiß, was das für eine Fummelei darstellt (persönliche Erfahrung beim Foto des letzten Blogs). Bei SOFIA geht es da um Verschiebungen bis in Bruchteile von tausendstel Millimetern.

Schnelligkeit, weil der Sekundärspiegel durch kleinste Verkippungen die Vibrationen und Bewegungen des Flugzeugs ausgleichen muss. Zusätzlich muss für viele Beobachtungen zuerst das Hintergrundsignal abgezogen werden („Wir wollen die Helligkeit einer Kerze messen, die jemand hinterhältigerweise vor die Sonne hält“). Das passiert durch das Chopping (s. Bild links oben): Das Beobachtungsfeld wird bis zu 5 mal in der Sekunde vom zu beobachtenden Objekt auf ein leeres Stück Himmel geschwenkt, um dessen Infrarotsignal vom interessierenden Signal abziehen zu können.

Und Sicherheit, weil Beobachtungszeit von SOFIA nicht billig ist. Wenn irgendein Teil des Teleskops, und besonders der SMA, ausfällt, weil jemand 100 Dollar sparen wollte und nur die zweitzuverlässigste Elektronikkomponente eingekauft hat, kann der daraus folgende Flugausfall schnell Beobachtungszeit im Wert von 100 000 Dollar kosten. Die NASA ist da noch ganz andere Dimensionen gewöhnt. Bei Weltraumprojekten fällt ja im Fehlerfall meist die ganze Mission insWasser – das kostet dann eher das tausendfache. Deshalb gibt es strikt einzuhaltende Vorschriften, wie sowas laufen muss („procedures“): Vor dem endgültigen Zusammenbau müssen die SOFIA-Ingenieure schriftlich niederlegen, was genau wann, wo und wie montiert werden muss – im Fall der SMA ein Dokument mit 100 Seiten. Beim Zusammenbau sind dann NASA-Offizielle dabei, beobachten genau, was gemacht wird und haken auf der Liste jeden Schritt einzeln ab. Das lief im Hintergrund, während wir das Labor besichtigten. Das mag im Ablauf lästig erscheinen, aber wenn (besonders bei Weltraummissionen, wo man das Produkt im Fehlerfall nicht mehr untersuchen kann) irgendetwas schief läuft, kann man in der Dokumentation nachschauen, wo eventuell an ein Detail nicht gedacht wurde. So geschehen bei der Explosion eines Sauerstofftanks bei der Apollo13 – Mission. Da lag es am Anzeigebereich eines Temperatursensors während der Herstellung des Tanks zwei Jahre vor dem Unfall.

Hat das irgendetwas mit unserem Flug zu tun? Natürlich: Erstens erzeugt diese Pingeligkeit bei einem immerhin 45 Jahre alten Flugzeug eine hohe Sicherheit, dass wir auch heil wieder landen werden. Zweitens haben wir ja schon Erfahrung in Flugausfällen. Die Genauigkeit, mit der hiergearbeitet wird, sorgt auch dafür, Ausfälle zu minimieren. Beispiel: Am Freitag war Instrumentenwechsel. Bei der Montage des neuen Instruments ist einem der Monteure eine Unterlegscheibe entkommen und in den Kabelgraben des Teleskops gefallen. Es war klar: SOFIA wird nicht mehr abheben und das Teleskop nicht mehr bewegt werden, bevor diese Unterlegscheibe nicht wieder gefunden ist. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn sie sich durch einen dummen Zufall in denLagerspalt des Teleskops verkrochen hätte und das Lager bei einer Bewegung des Teleskops blockiert würde.

Aber sie wurde wieder gefunden, und auch das defekte Klimapack ist inzwischen repariert. In gut zwei Stunden ist Aufbruch zum SOFIA-Standort, dann gemeinsames Mittagessen im Diner mit Vesperpaket packen für die Nacht, dann Mission Briefing und dann…

26. Februar 2019

Nach der Gefühls-Achterbahn der letzten Tage sehen wir nun unseren nächsten Flügen (oder besser: Flugchancen) entgegen. Inzwischen wurden die Instrumente getauscht, jetzt ist das ursprünglich für unseren Mitflug geplante Instrument FIFI-LS (Field Imaging Far Infrared Line Spectrometer) montiert und flugbereit. Damit kann man astronomische Objekte in verschiedenen Wellenlängen im Ferninfrarot-Bereich abbilden – ideal um z.B. die Verteilung chemischer Verbindungen in Gaswolken zu untersuchen oder die Geschwindigkeit von Gasströmen entlang der Sichtlinie zu messen. Am Wochenende habe wir ein bisschen die Gegend erkundet. Auf der Rückfahrt von unserem gestrigen Ausflug entstand das Bild des SOFIA-Standorts vom Highway aus. SOFIA steht zwischen den beiden gelblichen Hangars rechts der Bildmitte. Weit im Hintergrund sind die riesigen Hangars der Edwards Airforce Base in 20km Entfernung zu erkennen. Dort war unter anderem der Ausweichlandeplatz der Space Shuttles für den Fall, dass in Florida schlechtes Wetter herrschte.

Heute stehen nochmal Laborbesichtigungen an und eine Einführung in SOFIA Datenauswertung. Dahinter steht die Hoffnung, mit Schülern echte wissenschaftliche Daten von SOFIA-Beobachtungen auswerten zu können – ganz im Sinne des Ansatzes unseres Schülerforschungszentrums also!

24. Februar 2019

Kein Linienflug Nach der Enttäuschung am Mittwoch ruhten alle unsere Hoffnungen auf dem letzten Flug der Serie am Donnerstag Abend auf Freitag Früh. Zwar zogen tagsüber immer wieder dunkle Wolken über die weite Ebene, aus denen Schneeschauer auf die Umgebung niedergingen, aber insgesamt gab das Wetter doch einigen Grund zur Zuversicht. Am späten Nachmittag kam sogar die Sonne heraus. Das Mission Briefing nährte diese Zuversicht noch: Alles sah nach ruhigem Wetter und erfolgreichem Flug aus. Ziel war, die Mission der vorigen Nacht fast eins zu eins zu übernehmen, um die wichtigen Beobachtungen nachzuholen. Es sollte um die Bestimmung magnetischer Felder in den Sternwinden eines Riesensterns, in dunklen Staubwolken und in den Spiralarmen einer Galaxie gehen. Dies ist das Spezialgebiet des HAWC+ – Instrumentes. Nach dem Mission Briefing hat man etwa noch ein halbe Stunde Zeit, sein Gepäck für die Nacht an Bord zu bringen und zu verstauen (also Kamera, etwas zu essen, warme Kleidung für das manchmal empfindlich kühle Flugzeug und das traditionelle deutsche Schokoladenbuffet, das die SOFIA-Crew sehr schätzen soll). An Bord herrschte ruhige Geschäftigkeit: Jeder nimmt seinen Platz ein, fährt seine Konsole hoch, plaudert miteinander. Auf dem Bild sitze ich schon mal an der Konsole für die Lehrer und studiere die vielen Anzeigen. Die Bilder der Tracking-Kameras sind noch schwarz, weil die Teleskoptür noch zu ist, aber man kann sich schon mal ein bisschen orientieren, was alles an Informationen geboten wird: Status von Flugzeug (Höhe, Kurs, Position), Teleskop (Blickrichtung, Zustand der Lageregelung etc.) und Instrument. Plötzlich scheint die gelöste Stimmung etwas zu kippen: Diskussionen in kleinen Grüppchen, besorgte Blicke. Wir erfahren, dass eines der Klimaaggregate, das neben der Kabinenlüftung auch das Öl der Teleskoplager kühlt, Schwierigkeiten macht. Die Mechaniker sind schon dabei, ein Bauteil auszuwechseln, das im Verdacht steht, dafür verantwortlich zu sein. Immer wieder hört man das Zischen Luftdüsen in der Kabine, wenn das Aggregat eingeschaltet wird – aber nach 20 Sekunden geht es immer wieder aus. Das hört sich aber nicht gut an. Das Aggregat muss für den Flug unbedingt funktionieren, das sonst das auf einem Ölfilm gelagerte Teleskop Schaden nehmen könnte. Im Missionsplan wird immer auch ausgewiesen, wie lange der Start hinausgezögert werden kann, ohne die gesamte Mission zu gefährden. Unser Flugplan gehört da zu den eher günstigen: Er hat relativ viele scharfe Wendungen, so dass man durch Weglassen einzelner Legs (Abschnitte mit Bogenförmigen Kurs, in denen das Teleskop auf ein und dasselbe Objekt ausgerichtet ist) durch Abkürzungen Zeit einsparen kann. In unserem Fall knapp eine Stunde. Leider hat das Auswechseln des verdächtigen Bauteils offenkundig nichts gebracht – der Fehler lässt sich nicht beheben. Irgendwann zucken die Mechaniker mit den Schultern und müssen aufgeben. Das ist natürlich ein herber Schlag. Unser zweiter Flug fällt aus und es war unsere letzte Gelegenheit vor dem Heimflug. Ich fühle mich an Berichte von Raketenstarts erinnert, bei denen die Astronauten stundenlang in der Kapsel auf der Startrampe sitzen und dann irgendwann wegen widriger Umstände wieder aussteigen müssen, weil der Start verschoben werden muss. Jetzt weiß ich wenigstens ansatzweise, wie man sich in einer solchen Lage fühlt. Aber eine Hoffnung gibt es noch. Da das Instrument in seiner zweiwöchigen Kampagne von 7 geplanten Flügen 4 verloren hat (3 durch Wetter, einen heute aus technischen Gründen) wird die Möglichkeit ins Spiel gebracht, morgen (also Fr auf Sa) nochmal zu fliegen. Das deutsche Team des nachfolgenden Instruments FIFI LS wäre bereit, den Umbau am Samstag zu machen und ist zuversichtlich, bis Dienstag alles zum Laufen zu bringen. Damit könnte HAWC+ noch einen Flug machen, wenn alle anderen Bedingungen erfüllt werden können. Dies sind in erster Linie personelle: Es müssen auf die Schnelle zwei Mission Directors, Teleskopoperateure, Instrumentenspezialisten, Safety Guards und eine Cockpit-Besatzung aufgetrieben werden, die am Folgetag fliegen können und wollen. Hektisches Telefonieren. Der Großteil der Mannschaft ist schnell zusammen – am Ende scheitert es an der Verfügbarkeit des zweiten Piloten. Bis hier her haben wir noch im Flugzeug auf eine Entscheidung gewartet – jetzt räumen wir mit ein bisschen hängenden Köpfen das Feld und fahren zurück ins Hotel. Später erfahren wir beim Abendessen, dass die Entscheidung jetzt endgültig ist: Es wird morgen nicht mehr geflogen. Die Mechaniker machen trotzdem eine Nachtschicht, um das Klimapack möglichst schnell repariert zu kriegen – es wird ja am Dienstag sowieso wieder gebraucht. Am nächsten Morgen ist die Stimmung schon etwas besser, wir haben uns alle zumindest teilweise von dem Schock erholt. Zusätzlich kommt die Nachricht vom DSI aus Stuttgart, dass wir auf alle Fälle entweder länger bleiben oder später nochmal kommen dürfen, um doch noch unseren SOFIA-Mitflug zu bekommen. Jetzt geht es also nur noch um das Wie und Wann, nicht um das Ob. Zum Ausgleich werden wir noch Zeuge des Instrumentenwechsels: Das HAWVC+ – Instrument ist schon ausgebaut, als wir gegen Mittag an Bord kommen, nur das Instrumenten – Rack ist noch in Arbeit. Am Spannendsten ist das Hereinfahren des neuen Instrumentes FIFI-LS, das nächste Woche fliegen soll. Es ist eine dreiviertel Tonne schwer, nur wenig schmaler als die Flugzeugtür und muss direkt danach steil um die Kurve, um nach hinten zum Teleskopflansch geschoben zu werden. Die Prozedur dauert gut eine Viertel Stunde. Man nimmt sich hier für solche Dinge Zeit – es gibt nur ein FIFI-LS und ein Neubau würde eine 7-stellige Summe und viele Monate verschlingen. So sind wir also jetzt mit unseren Flugausfällen wieder etwas versöhnt. Letztlich haben wir wirklich einen tieferen Einblick in die Arbeit der Leute hier bekommen, als wir dachten: Für Astronomen ist der Ausfall einer Beobachtung nichts Besonderes: Es können immer mal Wolken dazwischen kommen und alle Pläne durcheinander wirbeln. Und technisch ist SOFIA eben kein Linienflug. Das System ist komplex und vor Überraschungen ist man nie ganz sicher. Nächster Versuch. Wir bleiben auf Sendung.

21. Februar 2019

Leider wurde der heutige Flug wegen schlechten Wetters abgesagt. Das sei äußerst selten, sagte man uns – in den letzten fünf Jahren kam es nur neun mal vor, davon allerdings drei mal in den letzten 7 Tagen. Jetzt hoffen wir auf unsere zweite Chance morgen (Donnerstag). Immerhin haben sie extra für uns das Mission Briefing durchgezogen: Eine Vorbesprechung des Fluges, bei der alle Mitflieger (ob Mitarbeiter oder Gast) anwesend sein müssen.
Wer Apollo 13 (den Film mit Tom Hanks) gesehen hat, bei dem regen sich Erinnerungen: „Apollo 13 Flight Controllers. Listen up! Give me a go/no-go for launch. Booster! – Go!- RETRO!- Go!- FIDO! (Flight Dynamics Officer)- We’re go, Flight!- Guidance!- Guidance go!- Surgeon!- Go, Flight.- EECOM! (Command Service Module Electrical and Environmental Engineer)- We’re go, Flight!- GNC! (Guidance, Navigation & Control)- We’re go!- TELMU! (Telemetry)- Go!- Control! (EECOM’s counterpart for Lunar Module systems)- Go, Flight!- Procedures!- Go!- INCO! (Instrumentation and Communications Officer)- Go!- FAO! (Flight Activities Officer)- We are go!- Network!- Go!- Recovery! – Go!- CAPCOM! (Capsule Communicator)- We’re go, Flight!- Launch Control, this is Houston. We are go for launch!“

Hier ist es etwas weniger theatralisch, aber das Prinzip ist dasselbe: Der Mission Controller stellt zuerst die Besatzung vor, dann wird der Flugplan besprochen, dann geht er alle Verantwortungsbereiche durch und fragt ab, ob dort etwas gegen den Start spricht. Bei manchen gibt es eine kurze Rückfrage, ob ein Problem beim vorigen Flug behoben worden sei. Nachdem eine junge Meteorologin ausführlich die Wettersituation analysiert hat werden die Piloten gefragt, wie sie die Sache sehen. Die äußern Verständnis für die Situation der Wissenschaftler und Gäste und begründen dann ihre Entscheidung, heute nicht zu fliegen. „It is better to be down here and wish you were up there than being up there and wish you were down here.“ zitiert der Copilot eine alte Fliegerweisheit (Es ist besser hier unten zu sein und sich zu wünschen man wäre dort oben als dort oben zu sein und sich zu wünschen man wäre hier unten). Letztlich sind die Piloten für die Sicherheit des Flugzeugs und seiner Passagiere verantwortlich und diese Verantwortung haben sie wahrgenommen. Als der Kapitän sich im Rausgehen noch bei uns für die schlechten Nachrichten entschuldigt frage ich ihn, was ihm eigentlich lieber wäre. Er würde lieber fliegen, antwortet er. Das verstehe ich, geht mir genauso. Nur mein Biorythmus jubelt heimlich.

18. Februar 2019

Ich muss gestehen, dass Raumfahrt mich schon als kleiner Junge interessiert hat.
Ich habe eine vage Erinnerung an Abende vor dem Fernseher mit meinem Vater während des Apolloprogramms – bei der ersten Mondlandung war ich 6. Die Faszination war vielleicht teilweise geerbt.
Mein Vater flog damals Starfighter bei der Luftwaffe – die Astronauten waren sozusagen Kollegen, die er theoretisch während seines Pilotentrainings in den USA hätte treffen können.

Da kam es mir ganz gelegen, dass am Montag in den USA Presidents Day (ein hoher Feiertag) war und wir deshalb SOFIA noch nicht nahe kommen konnten.
Stattdessen besuchten wir das California Science Center in Los Angeles, um uns ein bischen auf unseren NASA-Aufenthalt einzustimmen.

Unter anderem kann man dort die Endeavor besichtigen: Einer der Space Shuttles, die nach 25 Weltraumflügen nun dort stolz in einer Halle prangt.
Natürlich hat jeder schon oft Fotos von den Spaceshuttles gesehen – wie sie beim Start gigantische Flammen und Rauch ausstoßen und sich dann ruhig wie ein Fahrstuhl in die Luft zu erheben (jedenfalls sieht es von außen so aus) – um nach nur 10 Minuten mit über 27 000 km/h um die Erde zu rasen.

Aber es ist etwas anderes, die Endeavor hier live zu sehen. Da sieht man, was man auf den Fotos des gesamten Orbiters nicht sieht, und das fiel uns allen sofort auf:
Das Raumschiff ist GEBRAUCHT! Über all sieht man Spuren der Belastungen während des Fluges, besonders wohl beim Wiedereintritt in die Atmosphäre,
wo die Außehülle durch die Luftreibung weißglühend wird. Die weiße Isolation der Oberseite sieht an manchen Stellen aus wie das erste Übungsobjekt eines Verputzer-Lehrlings.
Das ist alles Handarbeit!
Und das ist das Zweite, was mir auffiel. Ich mache es auch an der RESCUE-Klappe fest die auf dem Bild zu sehen ist: Wenn bei der Landung etwas schief geht
können hier die Rettungsmannschaften zu den Astronauten gelangen: All dies ist ein gigantisches Teamwork, das Zusammenspiel tausender Spezialisten aller nur erdenklicher Disziplinen.
Das Leben der Astronauten hängt davon ab, dass diese Leute all ihr Können dafür eingesetzt haben, dass der Shuttle fliegt und wieder heil landet.
Das hat er übrigens mit SOFIA gemeinsam. Einge der deutschen Mitarbeiter bei diesem fliegenden Observatorium durften wir am Abend beim Essen in Palmdale kennen lernen:
Eine Maschinenbauerin, die für die Teleskop-Software zuständig ist; ein Elektroniker, der die Steuerelektronik des Teleskops wartet und auf dem neuesten Stand hält; ein Instrumentenspezialist, der eine der Kameras für SOFIA mit entwickelt und gebaut hat.
Heute stehen Treffen mit weiteren SOFIA-Mitarbeitern und Laborbesichtigungen auf dem Programm.

Fortsetzung folgt!

17. Februar 2019

Am Sonntag haben sich die diesjährigen Teilnehmer des SOFIA German Ambassador-Program (SGAP) am Abflug-Gate des Frankfurter Flughafens getroffen, um sich von dort aus auf den Weg zum NASA-Stützpunkt in Palmdale in Kalifornien zu machen – darunter auch der Leiter des SFZ-Standorts Reutlingen/Tübingen/Neckaralb, Dr. Joachim Groß.

In den kommenden Tagen wird er in einem Blog auf der SFZ-Homepage über seine Erlebnisse berichten.

„Die letzte Woche vor dem Abflug war besonders spannend. Erst am Freitag konnte endgültig entschieden werden, dass der Flug wirklich stattfindet. Wegen des Government Shutdown in den USA waren die SOFIA-Flüge und alle Vorbereitungen für unseren Flug ab Weihnachten für 5 Wochen ausgesetzt.

Gut eineinhalb Wochen vor unserer Reise fand erst wieder ein Testflug mit SOFIA statt, der zum Glück erfolgreich war. Aber der Shutdown war nur bis vorgestern ausgesetzt. Erst durch die Einigung auf einen Kompromiss am Freitag war klar, dass SOFIA nächste Woche fliegen kann. Wir sind in froher Erwartung  aller Erfahrungen, die uns in dieser Woche bevorstehen. Bisher sagt die Planung, dass wir am Dienstag einen SOFIA-Start von außen beobachten
können und am Mittwoch und Donnerstag selbst fliegen werden. Auch die Wetterbedingungen scheinen super zu sein – nicht unwichtig für ein kleines kooperatives Astronomieprojekt: Zusammen mit einem Kollegen in Deutschland will ich versuchen, Bilder des Mondes aufzunehmen. In meinem Astronomiekurs ist geplant, die Bilder auszuwerten und daraus die Entfernung des Mondes zu bestimmen.“